Generalversammlung – Die Zusammenkunft aller Mitglieder ist das wichtigste Ereignis in einer Genossenschaft. Hier werden die Entscheidungen für die Arbeit getroffen und die Genossenschaft verwaltet sich. Die Abstimmungen in der Generalversammlung sind bindend für alle Bereiche der Organisation: Planung von Wohnprojekten, Tätigkeit des Verwaltungsrats, Kompetenzen des Präsidenten oder der Präsidentin beispielsweise. Die Generalversammlung ist Garant dafür, dass alle Mitglieder der Genossenschaft demokratisch an deren Entwicklung beteiligt sind. Im deutschen Sprachgebrauch sind die Begriffe Mitgliederversammlung oder Gesellschafterversammlung identisch mit der Bezeichnung Generalversammlung.
Wohnprojekt
Wohnprojekte sind Hausgemeinschaften, die besondere Wünsche an das soziale Miteinander haben. Sie möchten guten Kontakt zu ihren Nachbarn entwickeln. Das Leben miteinander soll auch gemeinsame Aktivitäten anregen und vor allem gegenseitige Unterstützung fördern. Wohnprojekte bieten Alternativen zum isolierten Wohnen und zur anonymen Atmosphäre reizloser Viertel, die nicht mehr zu bieten haben, als den Rückzug hinter die eigene Wohnungstür. Gemeischaftlich leben heisst, in der Nachbarschaft auch Einkaufsmöglichkeiten, Arbeitsplätze und kulturelle Angebote zu finden.
Wer in einem Wohnprojekt lebt, übernimmt Verantwortung für seinen Wohnstandort. Die Nachbarschaft entsteht nach eigenen Bedürfnissen und unter Beteiligung der Menschen in einem Quartier. Unterschiedliche Altersklassen und soziale Situationen, verschiedene Lebensmodelle und Herkünfte bilden ein langfristig stabiles Wohnumfeld. Wohnprojekte organisieren in ihrer Gründungsphase, beim Bau des Objektes und beim späteren Leben in ihren Wohnungen vieles selbst. Ihre mögliche Ausgestaltung ist vielfältig: sie reicht von der Wohnungs-Eigentümergemeinschaft über Genossenschaften bis zu Vereinen oder Mietshausmodellen.
Gemeinschaftlich Wohnen: Formen des Zusammenlebens
Gemeinschaftliche Wohnformen können auf vielen verschiedenen Wegen realisiert werden. Sie unterscheiden sich im Umfang, in dem gemeinschaftliches Miteinander organisiert wird. Sie unterscheiden sich aber auch in ihren wirtschaftlichen Bedingungen voneinander. Die Modelle reichen von der Einzelwohnung im Eigentum bis hin zur Genossenschaft. Die Grundformen können sich vielfältig überschneiden und ineinander übergehen. Die wichtigsten Modelle sind:
- Einzelwohnungen – im Eigentum, zur Pacht oder zur Miete. Auch Tiny-Houses gehören dazu
- Coliving – kommerzielle Zimmer oder Wohnungen mit Gemeinschaftsflächen und Versorgung
- Cluster-Wohnungen – kleine Einzelwohnungen mit grosszügig bemessenen Gemeinschaftsräumen
- gemeinschaftliches Wohnprojekt – Einzelwohnungen gemietet oder zur Nutzung überlassen, Gemeinschaftsflächen. Das Gebäude ist im Gemeinschaftseigentum
- Europäische Stadt – Verschiedene gemeinschaftliche Wohnformen sind in einem Quartier gemischt und durch Infrastrukturen (Einkauf, Arbeit, Kultur) ergänzt
- Ecovillage – in sich geschlossene Siedlung mit Einzelhäusern oder Einzelwohnungen, ergänzt durch zentrale Gemeinschaftsflächen
Gemeinschaftlich Wohnen: die Rechtsformen
So vielfältig, wie die verschiedenen Modelle gemeinschaftlichen Wohnens sind, so vielfältig ist auch der rechtliche Rahmen für diese Wohnform. Auch hier gibt es Überschneidungen zwischen allen Möglichkeiten. Die wichtigsten, bisher in ganz Europa vertretenen rechtlichen Organisationsformen sind:
- Vermietung – Ein Eigentümer vermietet Wohnungen in seinem Gebäude gezielt an Menschen mit dem Wunsch nach gemeinschaftlichem Leben. Hierzu zählen unter anderem das Coliving oder auch Wohngemeinschaften. Die Bewohnerschaft hat keine wesentlichen anderen Rechte als die eines Mieters. Eine besondere Form ist das Miethaus-Syndikat. Hier gründen die Bewohner eine eigene Gesellschaft, der das Gebäude gehört und bei der die Bewohnerschaft ein Mitspracherecht hat
- Eigentümergemeinschaft – Wohnungseigentümer schliessen sich ausdrücklich mit dem Wunsch zusammen, eine gemeinschaftliche Wohnform zu begründen. Die Baugruppe ist eine solche spezielle Form der Eigentümergemeinschaft, die Gemeinschaftsflächen in das Gebäude integriert
- (gemeinnützige) Wohnungsgenossenschaft – Menschen mit dem Wunsch nach gemeinschaftlichem Wohnen schliessen sich zusammen, betreiben gemeinsam ein Gebäude, in dessen Wohnungen sie ein Wohnrecht bekommen. Werden hierbei wirtschaftliche Gewinne ausgeschlossen, arbeitet die Genossenschaft gemeinnützig.
Wohnprojekte zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie Nachbarschaften gründen, die eine stabile soziale Umgebung schaffen. Dahinter steckt das Bedürfnis, sich am Wohnort auch heimisch zu fühlen. Und zwar nicht nur für die nächsten vier Jahre, sondern vielleicht über das Erwachsenwerden von Kindern hinaus bis in die Rentenzeit hinein. Dazu gehört es, in der Wohnumgebung alles zu finden, was für die eigene Versorgung und die entspannte Freizeitgestaltung ohne kommerziellen Zwang nötig ist.
In ganz Europa ist das inzwischen zum Modell gegen anonyme Wohnquartiere oder endlose Einfamilienhaus-Siedlungen geworden. Die Politik hat die Vorteile, die sich daraus für die Stabilität von Leben und Wirtschaft ergeben, vielerorts klar erkannt. Es lohnt sich deshalb, weiter Überzeugungsarbeit zu leisten und zu zeigen, dass selbstbestimmtes Leben keineswegs eine Störung der öffentlichen Ordnung und der wirtschaftlichen Interessen spezieller Investorenkreise ist.
Richard Scheibel, Wohnprojekt-Berater, www.projektentwicklung.lu
Wie eine gemeinnützige Genossenschaft gemeinschaftliches Wohnen in der Praxis umsetzt, erfahren Sie auf der Seite von Adhoc.